Als wir Brennmeister Josy Zenner im kleinen Winzerdorf Schwebsange an der Mosel besuchen, ist er noch mit dem Aufräumen nach dem traditionellen Brennertag „D’Miselerland brennt!“ beschäftigt. Dieser Tag der offenen Tür für Mosel-Brennereien wurde von Zenner selbst vor über 14 Jahren zusammen mit fünf anderen Brennern ins Leben gerufen, um das Brennereihandwerk und den kulturellen Reichtum ihrer Produkte ins Rampenlicht zu rücken.
Für Herrn Zenner ist eines klar: „Obstbrände gehören zum kulinarischen Kulturerbe Luxemburgs! Unsere Brenntradition reicht bis ins 18. Jahrhundert zurück, sogar noch vor die Französische Revolution.“ Dabei trug das Unternehmen stets den Namen Zenner – doch derartige Eitelkeiten sind für ihn zweitrangig: „Der Name ist für mich nicht entscheidend. Was wirklich zählt, ist die Qualität!“
Zwar brennt Zenner im wahrsten Sinne des Wortes für die Brennerei, doch ist er streng genommen in erster Linie Winzer; der Familienbetrieb ist ein Weingut, und wie es Tradition ist, ergänzt die Brennerei lediglich den Weinbau. Die Tradition der kleinen, unabhängigen Brennereien wurde im 18. Jahrhundert durch die österreichische Kaiserin Maria Theresia nicht nur in Österreich, sondern auch in Teilen Süddeutschlands, im Elsass und schließlich in Luxemburg eingeführt. Damals begannen auch Zenners Vorfahren diese Praktik. Das System hat sich hier bis heute gehalten, obwohl die Zahl der Brennereien stark zurückgegangen ist – von einst etwa 2.000 auf knapp 40. Aber Josy versichert uns: „Die verbliebenen Brennereien legen großen Wert auf Qualität – deutlich mehr als früher.“

Die guten Geister aus dem Moselland
Gebrannt wird bei Zenner traditionell mit Holzfeuer. Dies ist zwar anspruchsvoller, aber der Brennmeister hat seine Gründe – keine ideologischen, sondern rein pragmatische: „Im Weinbau fallen viele Holzreste an, die wir verbrennen und somit unsere eigene Energie liefern. Brennen mit Holz ist außerdem CO₂-neutral, was noch ein schöner Nebeneffekt ist.“
Gebrannt werden hier die traditionellen lokalen Obstsorten: Apfel, Birne, Zwetschge, Mirabelle, Kirsche, Schlehe, Himbeere und natürlich Trauben. Ein Teil des Traubenbrands reift danach über 12 Jahre auf Holz und wird als „Fine des Coteaux de Schengen“ abgefüllt, ein Highlight des Sortiments, das man wohl mit einem Cognac vergleichen könnte, allerdings mit weitaus intensiveren, feinen Fruchtaromen, die sozusagen das Markenzeichen für alle Brände Zenners sind. Das Geheimnis? „Das Obst muss vollreif, ja fast überreif sein“, verrät Josy. „Wir ernten, kurz bevor es abfällt – nur so holt man das volle Aroma raus.“
Und die Mühe lohnt sich: Mit über 35 internationalen Goldmedaillen vom Concours Mondial de Bruxelles genießt Zenner heute weltweites Ansehen. „Mit der Marke ‚Fine de Luxembourg‘ konnten wir uns vor allem auf dem internationalen Markt einen Namen machen“, erklärt er.
Nichtsdestotrotz zählt für Zenner am Ende nur eins – die Qualität. „Mit Marken und Medaillen lassen sich die Leute nur einmal reinlegen, wenn das Produkt dann qualitativ nichts hermacht, kaufen sie es kein zweites Mal.“
Josys Lieblingsprodukt? Schwer zu sagen: „Jeder Brand ist wie ein Kind, er hat sein eigenes Wesen und man hat alle irgendwie gleich lieb. Jedoch genieße ich persönlich am liebsten einen guten Marc. Allgemein bin ich ein großer Freund von allem, was von der Traube kommt.“

Machen wir noch eine Drippe da drin?
Schon unser ehemaliger Außenminister wusste es, wenn er mit Freunden im deutschen Fernsehen kochte: Eine gute „Drippe“, also ein Obstbrand, eignet sich nicht nur als Digestif, sondern auch hervorragend zur Verfeinerung von Speisen. Zahlreiche Chefköche und Patissiers geben ihm recht.
Brennmeister Zenner verrät uns einige seiner persönlichen Lieblingsrezepte: Der Kirsch in der Schwarzwälder Kirschtorte ist natürlich ein Klassiker, aber ein hochwertiger Kirschbrand kann selbst die beste Rezeptur auf ein neues Niveau heben. Ebenfalls kann man Rosinen für Parfaits in Marc oder Vieux Marc einlegen. Oder wie wäre es mit einer Kugel Vanilleeis und einem Schuss guten Mirabellenbrand? Manchmal sind die einfachsten Kombinationen die besten …
Aber auch jenseits von Süßspeisen macht eine gute „Drëpp“ durchaus Sinn: Weinbrände eignen sich hervorragend zum Verfeinern von Gerichten, die üblicherweise mit Weißwein zubereitet werden, etwa Risotto, Frikassee oder Fischsaucen – natürlich in kleineren Mengen. „Ein Obstbrand ist ein Konzentrat; die Fruchtaromen sind darin bis zu zehnfach konzentriert“, erklärt Josy. Das sollte doch bei jedem, der mit Kreativität an den Herd tritt, ein kleines Feuer entfachen … Also, worauf warten Sie noch? Versuchen Sie doch mal, was Sie aus einem Marc de Riesling so alles rausholen können – am besten natürlich einen von Zenner!
Ursprünglich veröffentlicht in KACHEN Nr. 41, Winter 2024.

Distillerie Zenner
42 route du Vin
L-5447 Schwebsange
distillerie-zenner.lu