Ein Stern erlischt: La Villa de Camille et Julien

Nachdem vor Kurzem das Sternerestaurant Pavillon Eden Rose seine Schließung angekündigt hat, erlöscht bald ein weiterer Stern am luxemburgischen Gastronomiehimmel: La Villa de Camille et Julien.

Nach fünf Jahren haben sich Camille Tardif und ihr Ehemann und Chefkoch Julien Lucas schweren Herzens dazu entschieden, ihr Restaurant an der Polfermillen zu schließen. Julien Lucas erklärte uns die Hintergründe und gab Einblicke in die Herausforderungen der gehobenen Gastronomie in Luxemburg.

Die Wirtschaftliche Realität

Die erste Frage, die sich stellt, ist natürlich warum ein Restaurant, das einen solch guten Ruf genießt, und hinter dem ein junges, motiviertes Team steht, schließen muss.

„Der gute Ruf ist in der Tat etwas, wofür wir fünf Jahre lang gekämpft haben“, erklärtLucas.  Das Restaurant erlangte 2022 einen Michelin-Stern, eine Auszeichnung, die für viele als Krönung eines gastronomischen Lebenswerks gilt. Doch der Stern allein reicht nicht aus, um den Betrieb wirtschaftlich tragfähig zu machen. „Die wirtschaftliche Lage wird immer schwieriger. Man spürt, dass die Menschen — ich sage nicht, dass sie die gehobene Gastronomie meiden — aber sie achten zunehmend auf ihre Kaufkraft, die definitiv beeinträchtigt wurde.“

Die gestiegenen Lebenshaltungskosten haben den Fokus der Kundschaft verändert. „Die Prioritäten der Menschen liegen nicht unbedingt bei gehobenen Restaurants. Wenn sie doch in solche gehen, dann entweder im Ausland oder bei etablierten Adressen, die schon länger bestehen.“ Dies erschwerte es der Villa, trotz der hohen Qualität ihrer Küche, eine konstante Auslastung zu erreichen.

Hinzu kommen die steigenden Betriebskosten, etwa für Personal, Energie und Lebensmittel. „Sowohl die Personalkosten als auch die Strompreise steigen weiter. Gleichzeitig wird der Druck von staatlicher Seite nach Covid immer schwieriger zu bewältigen“, so Lucas. Trotz aller Bemühungen sei die Situation für ihn und sein Team zunehmend belastend geworden. „Man könnte sagen, wir haben einfach beschlossen aufzuhören, um uns anderen Projekten zuzuwenden. So ist es im Grunde. Wir bleiben offen für den Markt, aber ich denke, es ist Zeit, ein neues Kapitel aufzuschlagen.“

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Die Personalfrage

Neben den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sieht Lucas ein weiteres Kernproblem in Luxemburg: die schwierige Situation auf dem Arbeitsmarkt. „Was motiviert heute jemanden, in Luxemburg in der Gastronomie zu arbeiten? Die Mieten sind so stark gestiegen, dass die Leute sich keine Wohnung mehr leisten können. Selbst wenn wir ihnen ein gutes Gehalt von 2800 Euro anbieten, reicht das nicht.“ Dies führt dazu, dass viele Gastronomiebetriebe Schwierigkeiten haben, Personal zu rekrutieren — ein Problem, das Lucas am eigenen Betrieb deutlich zu spüren bekam: „Die Hälfte meines Personals hat gekündigt, und ich finde keine neuen Mitarbeiter.“

Die besonderen Anforderungen der gehobenen Gastronomie erschweren die Situation zusätzlich. „Das Problem der gehobenen Restaurants ist, dass wir mittags und abends arbeiten. Einige Brasserien können sich Schichtarbeit leisten, aber das ist bei uns nicht möglich“. Dabei gehe es nicht nur um den Mangel an Arbeitskräften, sondern auch um die schwindende Attraktivität des Berufsstands selbst: „Ich würde gerne morgen einen 26-Jährigen einstellen und ihm sagen können: „šIch gebe dir 3500 Euro.‘ Aber das ist einfach nicht möglich.“

Lucas spricht offen über den Druck, der auf kleinen Betrieben wie seinem lastet. „Man hat das Gefühl, große Internationale Betriebe werden bevorzugt behandelt, während  man die Kleinen zerquetscht. Sobald man Schulden hat, droht entweder eine Insolvenz oder man bekommt einen Gerichtsfall. Das ist unmöglich. Wir sind doch hier, wir versuchen etwas aufzubauen.“

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Ein bittersüßer Abschied

Trotz aller Herausforderungen blickt der Chefkoch aber auch auf viele positive Momente zurück. „Natürlich gibt die Schwierigkeiten des Unternehmertums, die wirklich hart sind, aber es gibt auch die Realität vieler schöner und magischer Momente.“

Besonders hebt er die Loyalität seines Teams und seiner Stammkundschaft hervor. Aber auch in der Branche hat man Freunde und Unterstützer gefunden: „Erst kürzlich noch sagte mir der Winzer Henri Ruppert: „šDu bist ein talentierter Mensch, es wäre schade, wenn du das Land verlässt.‘ Das sind Worte, die einen berühren“, erzählt Lucas.

Doch die Belastung, die mit dem Betrieb eines Restaurants einhergeht, hat Spuren hinterlassen. „Ich kann nicht mehr ins Bett gehen und morgens aufwachen mit dem Druck und den Briefen vom Staat und von der Bank. Ein Unternehmen zu führen, bedeutet immer Schwierigkeiten. Aber wir hatten wirklich viele davon und sie häuften sich. Es ist ein Druck, der irgendwann nicht mehr tragbar wurde“.

Wie die Zukunft für Lucas und seine Frau aussehen wird, bleibt offen. „Wir haben einige Möglichkeiten, aber noch nichts Konkretes. Die Priorität ist jetzt erstmal, die Villa zu verkaufen.“ Ob sie in Luxemburg bleiben oder woanders ein neues Projekt starten, wollen sie offenlassen. Eins ist jedoch klar: Die Leidenschaft für die Gastronomie bleibt. „Die Erfahrung lässt einen wachsen. Man erkennt die Kraft, die man in sich haben kann. Jetzt ist es Zeit für etwas Neues.“

Wir wünschen den beiden das nur das Beste für Ihre für ihre zukünftigen Bestrebungen. Sobald es Neuigkeiten dazu gibt, was die beiden als nächstes planen, werden wir Sie natürlich darüber informieren. Bis dahin, Hals und Beinbruch!

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