Die Metzgerei Kaiffer in der Grand-Rue ist die älteste familiengeführte Metzgerei des Landes. Seit 2014 führt Anne Kaiffer die Tradition in der vierten Generation fort. Das Grundprinzip hat sich über die Jahrzehnte hinweg nicht verändert: Lokale und saisonale Produkte sowie traditionelle Gerichte aus Luxemburg stehen nach wie vor im Mittelpunkt.
Die Metzgerei Kaiffer steht in der Grand-Rue seit rund 70 Jahren wie ein Fels in der Brandung, während sich das Stadtbild um sie herum ständig wandelt. „Eine Stadt, die sich nicht verändert, lebt nicht“, sagt Anne Kaiffer dazu. 1910 eröffnete Annes Urgroßvater die erste Metzgerei in Wormeldingen. „Damals gab es bei der Metzgerei noch ein kleines Bistro, das war so üblich“, erklärt sie. Um 1950 verlegte ihr Großonkel das Geschäft in die Grand-Rue, wo es seitdem zu einer festen Institution in der Hauptstadt geworden ist. Auch sie selbst ist in der Hauptstadt aufgewachsen. „Als Kind hatte ich jedoch nicht viel mit dem Familienbetrieb zu tun“, erinnert sich die Metzgermeisterin. „Wegen der ganzen Messer und Maschinen war es viel zu gefährlich. Aber wenn Braderie war, durfte ich immer dabei sein, das war toll!“ Dass sie eines Tages das Familienunternehmen übernehmen würde, war nicht selbstverständlich: „Eigentlich wollte ich schon als Kind Metzgerin werden, aber mein Vater meinte immer, ich solle lieber etwas anderes machen.“ Also studierte Anne zunächst Journalismus und arbeitete einige Jahre bei RTL. „Der Journalismus machte mir Spaß, aber nach einigen Jahren wiederholten sich die immer gleichen Themen“, erzählt sie. Kurzzeitig hatte sie sogar überlegt, ein traditionelles luxemburgisches Bistro zu eröffnen, entschied sich aber letztlich, die Metzgerei zu übernehmen.

Traditionelles Handwerk im modernen Alltag
Als wir an einem gewöhnlichen Mittwochmorgen das Geschäft in der Grand-Rue betreten, herrscht reges Treiben. Vier fleißige Mitarbeiter stehen hinter dem Tresen und bedienen lächelnd und gelassen den nicht enden wollenden Kundenandrang. Es scheint, als wäre das hier Alltag. Die Gesichter sind bunt gemischt: „Alte Luxemburger, junge Leute, viele Expats kommen in den Laden. Besonders samstags merkt man das“, erzählt uns Anne. Sie ist immer noch überrascht, wie viele junge Leute nach traditionellen Fleischprodukten wie Kuddelfleck und Träipen fragen. „Letztens hatte ich eine Kundin, die war Anfang zwanzig und hat nach einer Tête de Veau gefragt. Das hätte mich beinahe aus den Socken gehauen.“ An der Kundschaft mangelt es offensichtlich nicht, doch die Zukunft der Metzgereibranche sieht sich durch ein anderes Problem bedroht: der Mangel an motiviertem Nachwuchs. „Das Handwerk hat in Luxemburg leider ein sehr schlechtes Ansehen und ist oft nur die dritte oder vierte Wahl. Darunter leiden auch Bäckereien und viele andere Berufe. Das ist schade“, erklärt sie. „In der Schweiz, wo ich meine Ausbildung gemacht habe, ist das anders. Dort freut sich der Nachwuchs über einen Ausbildungsplatz und ist stolz, einer handfesten Tätigkeit nachzugehen.“


Qualität und Nachhaltigkeit im Fokus
Das Rind- und Schweinefleisch wird ausschließlich von luxemburgischen Schlachtern bezogen, die strenge Standards in der Tierhaltung und der Fütterung einhalten: „Die Fütterung der Tiere wirkt sich maßgeblich auf die Fleischqualität aus“, betont Anne. „Deshalb wählen wir unsere Partner sorgfältig aus.“ Das Hammelfleisch ist nur saisonal luxemburgischer Herkunft und kommt während der restlichen Monaten aus Frankreich. Dabei ist man sehr transparent, denn die Kunden möchten wissen, wo ihre Produkte herkommen, versichert uns die Metzgermeisterin. Natürlich wird auch hier das Thema Nachhaltigkeit großgeschrieben. Man reduziert Plastik und setzt auf nachhaltige Verpackungsmaterialien, wo immer es möglich ist: „Das Umdenken, vor allem bei Verpackungen, ist sehr wichtig. Für die älteren Generationen war es anfangs schwer zu verstehen, warum man seinen Eintopf in einer Pappschüssel kaufen sollte. Aber langsam haben sich alle daran gewöhnt.“ Zum Trend hin zu weniger Fleisch und mehr Fleischersatzprodukten vertritt sie ebenfalls eine klare Meinung: „Ich habe Fortbildungen besucht und weiß, was in diesen Ersatzprodukten steckt. Sie basieren meist auf Soja, und das ist oft weder ökologisch noch humanitär vertretbar. Natürlich muss man nicht jeden Tag Fleisch essen. Das Beste ist eine saisonale und ausgewogene Ernährung in Maßen.“