Aigues-Mortes: Eine Stadt im Zeichen des Salzes

Weiße Pferde, Stiere und Flamingos. Salzgärten mit rosafarbenem Wasser, das sich perfekt mit dem makellosen Blau des Himmels vereint. Eine Stadt, die im Jahr mit 300 Sonnentagen verwöhnt wird — im Departement Gard, nur 1,5 Stunden von Marseille entfernt. Herzlich willkommen in Aigues-Mortes, im Herzen der Camargue.

Eine befestigte mittelalterliche Stadt

Geschichte, Land und Wasser: Diese gewinnbringende Kombination hat es Aigues-Mortes ermöglicht, seit 2014 das Label „Grand Site de France“ zu tragen. Wer Aigues-Mortes besucht, begibt sich auf eine Reise in die Vergangenheit. Die mittelalterliche Stadt, die im 13. Jahrhundert von Ludwig IX. gegründet wurde, ist auch heute noch vollständig von einer Stadtmauer umgeben. Im historischen Stadtkern leben gerade einmal 2000 Einwohner.

Erklimmen Sie die Stadtmauern und fühlen Sie sich wie ein Soldat, der über das Wohl der Stadt wacht, oder steigen Sie hinauf in den Tour de Constance, der lange Zeit als Gefängnis diente. Schlendern Sie durch die engen Gassen und bewundern Sie die bunten Fassaden der kleinen Häuser, an denen Jasmin emporwächst und die ganze Stadt mit einem betörenden Duft erfüllt. Ebenso wie die berühmte, von örtlichen Bäckern hergestellte Fougasse d’Aigues-Mortes, ein Gebäck aus Zucker und Orangenblüten, das mit seinem intensiven Aroma Feinschmeckerherzen höherschlagen lässt.

Auf der Südseite gehen Sie durch eines der alten Stadttore, um ein wenig weiter die Salzgärten zu entdecken. Schnell zeichnet sich das typische, rosa gefärbte Wasser ab, auf das die Gardois so stolz sind. Zeit, etwas mehr über das örtliche Salz zu erfahren.

Das Salz in der Suppe der Franzosen

Der blau-weiße Salzstreuer von „La Baleine“ ist seit 90 Jahren nicht von den Esstischen der Franzosen wegzudenken. Mit dieser Marke und „Les Sauniers de Camargue“ ist es der Groupe Salins gelungen, dieses kleine Stückchen Erde weltbekannt zu machen. Das einzigartige Savoir-faire und die kontinuierliche Bemühung, die umliegende Natur intakt zu halten, haben auch dazu beigetragen.

„Das Salz war schon vor uns Menschen da“, gibt Berater Luc Vernhes, ein pensionierter Salzbauer der Groupe Salins, zu bedenken. „Um Salz zu gewinnen, wird eine riesige Landfläche benötigt. Rund 100 Becken (auf 50 km) müssen eingerichtet werden. Heute neue Salinen anzulegen, wäre heute aufgrund von Platzmangel nicht mehr möglich“, erklärt er. Die Salinen erstrecken sich heute auf über 8000 m², eine Fläche, die dem Stadtgebiet von Paris entspricht. 40.000 Flamingos haben hier ihren Lebensraum. In der Ferne lassen Sie sich beobachten, wie sie, mit dem Kopf im Wasser, nach winzigen Garnelen fischen.

Rosa Wasser und Fleur de Sel

Ein Fest für die Augen ist zudem die charakteristische rosa Farbe des Wassers, für die eine Alge namens Dunaliella Salina verantwortlich ist. Diese gedeiht ausschließlich im Herzen der Salinen von Aigues-Mortes. Sie ist reich an Beta-Carotin (das auch für pharmazeutische Zwecke genutzt wird). Je höher die Salzkonzentration im Wasser ist, desto rosafarbener ist das Wasser der Salinen. Auch die rosa Farbe der Flamingos — die bis zu ihrem 4. Lebensjahr weiß sind — lässt sich darauf zurückführen: Denn die Garnelen, die die Vögel verspeisen, ernähren sich ihrerseits von der rosafarbenen Alge.

Um das rosa Wasser aus der Nähe zu betrachten und mehr über das Natura-2000-Schutzgebiet mit seinen 200 Vogelarten (Reiher, Stelzen …) sowie die Salzgewinnung zu erfahren, können Besucher ganz einfach den Touristenzug besteigen, mit dem Fahrrad fahren oder zu Fuß gehen.

Im Sommer erhascht man vielleicht einen Blick auf die Salzbauern und Saisonkräfte bei der Fleur-de-Sel-Ernte. Dieses seltene, besondere Salz mit flockiger Konsistenz wird im Sommer über einen Zeitraum von sechs Wochen geerntet — und zwar frühmorgens. Dann kann die Fleur de Sel, die sich über Nacht gebildet und an der Oberfläche abgesetzt hat, mit einer Schaufel abgeschöpft werden. „Wir sind vollkommen vom Wetter abhängig: Wir brauchen einen Nord- oder Westwind, damit das Wasser verdampft, Sonne und vor allem keinen Regen, der ist der Feind des Salzes“, erklärt Luc Vernhes. Jedes Jahr werden 1000 Tonnen Fleur de Sel und 300.000 Tonnen Salz von der Groupe Salins geerntet. Von den 300.000 Tonnen Salz wird ein Teil für Lebensmittel verwendet, ein anderer als Streusalz in der Schneeräumung und ein weiterer in der Chemie.

Salzbauer: Ein vom Aussterben bedrohter Beruf?

Die Salzbauern, die Landwirte des Meeres, wie sie sich selbst gern nennen, sind zu sechst auf den Salinen von Aigues-Mortes. Sie werden vor Ort ausgebildet durch die Weitergabe von Savoir-faire. 10 Jahre braucht es ungefähr, bis diese Ausbildung wirklich abgeschlossen ist. Kein Salz ohne Salzbauern — selbst wenn sich das Salz auf natürliche Weise durch das Zusammenspiel von Wasser, Wind und Sonne bildet. „Es ist ein Herzensberuf. Man muss verfügbar sein, auch nachts, draußen, bei jedem Wetter“, sagt Luc Vernhes.

Vor einigen Jahren wurde versucht, die Salzgewinnung zu automatisieren, allerdings ohne Erfolg. Der Salzbauer ist der alleinige Meister des Salzes. „Ab März arbeiten wir jeden Tag in der Woche, um mithilfe eines Densimeters den Salzgehalt in den Becken zu überprüfen. Der Wind kann den Salzgehalt verändern, und wenn die Grammatur sinkt (das Wasser hat anfangs eine Grammatur von 30 Gramm Salz pro Liter, am Ende des Prozesses müssen 245 Gramm pro Liter erreicht sein, Anm. d. Red.), dann müssen wir pumpen.“

Nur wenige junge Menschen interessieren sich für diesen Beruf, der absolute Hingabe erfordert. Wird es auf den Tischen unserer Enkelkinder noch Salz von „La Baleine“ geben? Das wird sich zeigen. Bis dahin ist eine Entdeckungstour durch Aigues-Mortes, seine Salzgärten und die Camargue genau das Richtige, um Ihrem Leben die nötige Würze zu verleihen.

Ein traditionelles Rezept finden Sie hier.

Text & Fotos: Marion Finzi

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