Raubkatzen unter sich: Auf Safari in Sambia

Obwohl die ersten Tierbeobachtungssafaris (im Gegensatz zu Jagdexpeditionen) in Sambia schon in den 1950er-Jahren stattfanden, ist das Land noch immer ein Geheimtipp unter Afrikareisenden. Hier gibt es keine Souvenirshops am Eingang der Nationalparks, dafür viel unberührte Natur und eine erstaunlich hohe Dichte an Raubkatzen: Löwen und Leoparden kriegt man hier fast garantiert zu Gesicht!

„Südafrika zieht vor allem Safarineulinge an, Namibia ist perfekt für Camper und Selbstfahrer, doch Sambia ist eine unentdeckte Perle, ein Reiseziel für wahre Kenner“, lacht der braungebrannte Kanadier mit dem ausgewaschenen Safarihemd, der neben mir in der einmotorigen Cessna Caravan Platz nimmt. Nur drei Passagiere sind an Bord, als das Propellerflugzeug, auf die Minute pünktlich, abhebt. Auch in der Abfertigungshalle des Inlandterminals von Lusaka war von Touristenandrang keine Spur. Ein gutes Zeichen, denn ich hoffe auf einsame Wildnis und unberührte Natur in den Nationalparks des Landes!

Elefanten in der Dämmerung

Keine halbe Stunde später kreisen wir schon über unserem Ziel, einer mitten in den Busch gefrästen Landebahn am Ufer des Sambesi. Grinsend zeigt der Pilot nach unten und signalisiert uns, noch etwas Geduld zu haben. Durch das zerkratzte Fenster des Cockpits erspähen wir eine Elefantendame mit ihrem Jungen, die, aufgeschreckt vom Motorenlärm, hastig über das Rollfeld laufen und uns zu einer kurzen Ehrenrunde am Himmel zwingen. Eine sympathische Verzögerung!

Elephant lifting trunk with foliage in savannah.

Wir landen, ich verabschiede mich vom Kanadier, der enthusiastisch von zwei Guides begrüßt wird, und steige in den sandfarbenen Toyota Land Cruiser, der schon für meinen Begleiter und mich bereitsteht. Wir verlieren keine Zeit und unsere Safari beginnt sogleich, auch wenn es schon spät ist. Eine Herde Flusspferde im warmen Licht der untergehenden Sonne und ein Elefantenbulle in der Dämmerung am Flussufer verhelfen uns zu ersten Eindrücken wie aus dem Afrika-Bilderbuch.

Passend, denn der Untere-Sambesi-Nationalpark ist berühmt für seine großen Elefantenherden, und wir werden auch am nächsten Tag nicht müde, die sanften Dickhäuter zu beobachten. Doch es gibt viel mehr zu entdecken: farbenprächtige Bienenfresser, die elegant Insekten aus der Luft schnappen, Buschböcke, Kudus und hunderte Impalas, immer auf der Hut, bereit, bei dem kleinsten Anzeichen von Gefahr die Flucht zu ergreifen. Und natürlich: Die Raubkatzen, die jeder Safarigänger zu Gesicht zu bekommen hofft – im Gegensatz zu den Antilopen, deren größter Wunsch es ist, ihnen niemals zu begegnen.

Colorful bird perches on branch with insect prey.

Im Bann der Löwen

Der kräftige Löwe hebt den Kopf. Er zeigt sich wenig angetan von den unerwünschten Beobachtern, die sich zu nah an ihn und seine Partnerin herangewagt haben und sein Paarungsritual stören. Gelbliche Zähne, scharf wie Messer, blitzen auf, ein Versprechen tödlicher Kraft. Ein tiefes Knurren untermalt die unmissverständliche Drohung. Der durchdringende Blick der gelben Augen entwertet den vermeintlichen Schutz des Safarifahrzeugs augenblicklich, ich fühle mich klein und verletzlich, in vollem Bewusstsein, der ungezähmten Gewalt des Raubtiers im Fall der Fälle nichts entgegenzusetzen zu haben. Eine Einschätzung, die unser Safariguide zu teilen scheint, denn wir treten vorsichtig den Rückzug an.

Lion running through water in sunlight

Ein eher untypisches Verhalten, denn üblicherweise lassen die großen Katzen sich von den ratternden Blechkisten nicht aus der Ruhe bringen. In der abgelegenen Wildnis der Busanga Plains im Kafue-Nationalpark staunen wir ein paar Tage später nicht schlecht, als gleich eine ganze Gruppe Löwinnen mit ihrem wenige Monate alten Nachwuchs gänzlich unbeeindruckt, ohne Eile und ohne Furcht, als wären wir ein Teil der Landschaft, im Schatten unseres Geländewagens Schutz vor der Mittagssonne sucht.

Am späten Abend werden die Löwen hingegen aktiv und gehen auf Futtersuche – unser Guide Idos kennt die Gewohnheiten der Tiere genau und führt uns schnurstracks zu deren bevorzugten Jagdgebieten. Wir beobachten, wie eine Familie von Löwen sich langsam an ein paar rote Moorantilopen heranschleicht. Die Raubkatzen wirken uninteressiert, träge, doch dies ist Teil ihrer Taktik – jeder Schritt ist kalkuliert, jede Pause dient dazu, die Distanz zu ihrer Beute zu verringern, ohne Verdacht zu erregen. Mein Herz schlägt schneller und insgeheim fiebere ich für die Löwen. Doch die Huftiere erkennen das drohende Unheil und ergreifen blitzartig die Flucht – das Überraschungsmoment ist verpufft, die heutige Jagd gescheitert.

Nachtaktive Jäger

Bieten die Busanga Plains perfekte Bedingungen für Löwensichtungen, beeindruckt der South Luangwa Nationalpark im Osten Sambias mit einer bemerkenswerten Leopardenpopulation. „Da, ein Leopard!“, zeigt unser Guide wie zum Beweis freudig in eine Baumkrone, doch unsere ungeübten Augen haben Schwierigkeiten, die zwischen einer Astgabelung hervorlugenden, gepunkteten Pfoten überhaupt von den umgebenden Blättern zu unterscheiden. Obwohl mehrere Hundert der scheuen Raubkatzen in dem Gebiet leben, ist es noch keine Selbstverständlichkeit, diese auch zu Gesicht zu bekommen, denn sie sind Meister der Tarnung.

Resting leopard on tree branch in jungle

Wir verlassen das Tier, das in einer Position, die unmöglich bequem sein kann, in den Ästen ruht, doch wir merken uns die Stelle genau. Im Gegensatz zu vielen anderen Nationalparks in Afrika bietet sich hier nämlich die einzigartige Gelegenheit, auch nach Sonnenuntergang auf die Suche nach den nachtaktiven Jägern zu gehen. Ein paar Stunden später finden wir den Leoparden tatsächlich im Nachbarbaum wieder, dieses Mal mit fetter Beute. Ein Glücksmoment, nicht nur für die elegante Raubkatze, die sich zufrieden an dem Impala-Bock vollfrisst, sondern auch für uns – ein neuer Höhepunkt der Reise!

Noch zwei andere Leoparden laufen uns die nächsten Tage über den Weg und machen unsere Safari perfekt! Der Kanadier sollte Recht behalten: Gerade, weil viele Touristen Sambia nicht auf dem Schirm haben (es gibt hier keine Nashörner und deswegen keine Möglichkeit, alle Big Five „abzuhaken“), schafft die vergleichsweise geringe Besucherzahl eine intime Atmosphäre und bewahrt ein wildes Paradies für Safariliebhaber, wo besonders die intensiven Begegnungen mit den mächtigen Raubkatzen mir nachhaltig in Erinnerung bleiben werden.

Close-up of a resting hippopotamus in nature.

Unbedingt

Die meisten Lodges bieten standardmäßig Morgen- und Nachmittagssafaris an. Auf Anfrage (und je nach Lodge mit Aufpreis), ist es auch möglich, einen ganzen Tag, von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, in den Parks zu verbringen, inklusive Picknick-Mittagessen. Für mich eine unbedingte Empfehlung für Entdeckungen ohne Zeitdruck!

Bloß nicht

Neben dem Großwild tummeln sich jede Menge kleiner Plagegeister in den Nationalparks. Besonders die Tse-Tse-Fliegen sind ständige Begleiter auf Safaris. Daher sollte man kurze Hosen am besten zu Hause lassen und stattdessen leichte, langärmelige Kleidung tragen, um möglichst viel Haut zu bedecken. Helle Farben sind empfehlenswert, da die Fliegen besonders von dunklen Tönen angezogen werden.

Geheimtipp

Wer neben der Tierwelt auch etwas von der reichen Kultur des Landes erleben möchte, für den empfiehlt sich ein Abstecher vom South Luangwa NP nach Katete zum Tikondane Community Center. Wir konnten in einem der am Projekt teilnehmenden Dörfer eine energiegeladene Vorstellung der Nyau miterleben. Eine Anmeldung ein paar Wochen im Voraus ist notwendig. tikondane.org

Text & Fotos: Laurent Nilles

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