Der Verein ATP (ein VoG), der an mehreren Standorten geschützte Werkstätten betreibt, feiert dieses Jahr sein 35-jähriges Bestehen. Die Werkstätten betreuen in Zusammenarbeit mit den psycho-sozialen Diensten des Landes die Arbeit von Menschen, die mit einer psychischen Erkrankung leben.
Psychische Erkrankungen entstigmatisieren
„Wir begleiten kranke Menschen bei ihrer sozialen und beruflichen Wiedereingliederung“, sagt Sandrine Bem, Direktorin der ATP-Standorte. Die zukünftigen Angestellten werden von Ärzten an ATP verwiesen, wenn diese der Meinung sind, dass Arbeit bei ihrer Genesung hilfreich sein könnte. „Wenn wir Anfragen erhalten, berücksichtigen wir mehrere Kriterien, um die richtige Stelle zu finden, darunter Motivation und Erfahrung, aber auch Interessengebiete und motorische Fähigkeiten. Misserfolge wollen wir vermeiden, komme was wolle, denn das wäre etwas ganz Schlimmes für die jeweilige Person“, gibt die Direktorin zu bedenken. Ein Psychologe ist vor Ort, um beim Verständnis der Krankheit zu helfen. „Unsere Werkstattleiter haben sich durch den Kontakt mit den Angestellten weitergebildet“, erklärt die Direktorin. „Ich habe durch den Kontakt gelernt, sehr geduldig zu sein“, erzählt Henri Pater, Werkstattleiter für Schlosserarbeiten. „Man muss akzeptieren, dass jeder in seinem eigenen Rhythmus arbeitet und dann klappt alles.“
In 35 Jahren hat ATP viele Angestellte in Rente gehen sehen. Anderen schaffen manchmal den Sprung in die Privatwirtschaft, wie uns Guy Meis berichtet, der seit 20 Jahren als Werkstattleiter für Schreinerarbeiten tätig ist. „Einer meiner Angestellten beginnt nun eine Lehre, nachdem er zehn Jahre hier gelernt hat, mit Holz zu arbeiten, aber auch mit seiner Krankheit. Das macht mich unglaublich stolz.“


35 Jahre, 6 Standorte
Sechs Standorte im ganzen Land wurden im Laufe der 35-jährigen Geschichte des Vereins eröffnet. Landwirtschaft, Siebdruck, Flechtarbeiten, Schneiderei: ATP scheint geradezu alles zu gelingen und das nicht zuletzt dank einer motivierten Direktorin und eines engagierten Teams. Bei unserem Besuch des Standorts Kehlen konnten wir live erleben, dass ATP auch eine große Familie ist. Hier stellen wir Ihnen prominente Mitglieder vor:
Die „Mutter“: Kielener Atelier
Mit seinem Restaurant, das täglich zum Mittagessen geöffnet ist und die Arbeiter des Industriegebiets Kehlen verpflegt, und seinen Näh-, Metall- und Tischlerwerkstätten beschäftigt der Standort Kehlen 55 Mitarbeiter. „Hier können sie alles machen. Sie sind außergewöhnlich“, sagt Patrick von Absolute Blue, einem Unternehmen, das seit fünf Jahren mit ATP zusammenarbeitet. „Das Kielener Atelier ist immer unsere erste Wahl. Und nur wenn die Werkstatt nicht verfügbar ist, wenden wir uns an jemand anderen. Aber es ist immer jemand verfügbar! Alles ist sehr familiär — wir kennen jeden mit Namen“, fügt er hinzu.
Die neun Angestellten der Schreinerei stellen Stuhlgeflechte, Bienenstöcke und Holzschuppen her. Die vierzehn Angestellten im Bereich Schlosserarbeiten warten unter anderem die Einkaufswagen der Cactus-Supermärkte, stellen eiserne Gartenskulpturen oder riesige Paella-Pfannen her.
Im Obergeschoss beaufsichtigt Isabelle Malena, Schneidermeisterin und Leiterin der Nähwerkstatt, sieben Personen und arbeitet viel mit Upcycling-Projekten.


Das Nesthäkchen: der Standort Wiltz
Im Atelier Hondsburren bereiten die Angestellten handwerklich Müsliriegel zu — und zwar aus guten lokalen Zutaten. „Sie pflücken 50 kg Erdbeeren und verarbeiten diese dann in ihren Riegeln“, erklärt Sandrine Bem. Die fertigen Produkte mit ihren jahreszeitenabhängigen Geschmacksrichtungen (Honig, Schokolade, Frucht) werden anschließend in den Cactus-Supermärkten zum Verkauf angeboten.
Mit so vielen interessanten Projekten und einer kreativen Direktorin kann man sich sicher sein, dass die ATP-Werkstätten auch weiterhin für Überraschungen gut sein werden.
Bilder : KACHEN