„No-Shows“ — ein Phänomen, das in der Gastronomie zurzeit bei vielen für Kopfschmerzen sorgt. In einem Sektor, in dem jede Reservierung zählt, kann das unerwartete Fernbleiben eines Gastes oder eine kurzfristige Stornierung erhebliche Auswirkungen auf die Rentabilität eines Betriebs haben.
Hört man den Stimmen aus dem Sektor zu, gehört dies neben steigenden Lebensmittelpreisen und Personalmangel aktuell zu den größten Herausforderungen. Die Branche reagiert.
Fairness First!
„Wir haben in unserem Restaurant 24 Gedecke. Letzten Sonntag blieben wegen kurzfristiger Stornierungen und No-Shows zehn Stühle unbesetzt. Bei einem Menüpreis von 325 € fehlen mir am Ende des Abends zwei gesamte Arbeiterlöhne, die wir diesen Monat mit Sicherheit nicht mehr einnehmen werden“, erklärt uns der 3-Sterne-Koch Christian Bau aus dem „Victors Fine Dining“ in Nennig. Um solchen Ausfällen entgegenzuwirken, sah Bau sich gezwungen, Konsequenzen zu ziehen: Seit dem 1. Februar 2024 ist bei jeder Reservierung eine Anzahlung von 250 € pro Person erforderlich. Eine kostenfreie Stornierung bleibt bis zu fünf Tage vor dem reservierten Datum möglich.
„Ich plane meine Bestellungen ausgehend von den Reservierungen der kommenden Woche“, erklärt der Chefkoch. „Wenn jemand um 16 Uhr anruft, um seine Reservierung am gleichen Abend zu stornieren, ist das für mich nicht groß anders als ein No-Show. Dann sind die Hummer geliefert, der Tisch ist gedeckt, das Geschirr ist poliert, die Saucen sind gekocht und das Personal ist eingeteilt.“ Diese Vorleistungen gehen logischerweise mit Kosten einher, die nun im Falle einer kurzfristigen Absage mit dem einbehaltenen Deposit abgedeckt werden sollen.
„Ich möchte damit niemanden bestrafen, es geht mir um Fairness. Ich bin natürlich auch bereit, den Kunden mit Verständnis entgegenzukommen. Falls jemand aufgrund eines Notfalls absagen muss, kann man die Reservierung selbstverständlich verschieben. Die Vorkasse wird dann als Deposit für den nächsten Besuch aufgehoben“. Bau geht damit einen mutigen Schritt, denn sein Restaurant ist das erste mit drei Michelin-Sternen in Deutschland, das eine solche konsequente Anzahlungspolitik einführt.
Leider stößt er dabei nicht bei allen auf Verständnis. Christian Bau bleibt zuversichtlich: „Man muss aufklären und Akzeptanz schaffen, Kommunikation ist das A und O. Der Kunde muss verstehen, dass wir einen immensen Aufwand haben und es nicht darum geht, sich zu bereichern. Wenn ich mit den Leuten rede und ihnen die Gründe hinter dieser Entscheidung erkläre, können sie es in den allermeisten Fällen nachvollziehen und auch akzeptieren“.


Zwischen Verlust und Vertrauen
Auch diesseits der Mosel sind No-Shows und kurzfristige Stornierungen ein Thema. „Wir verlieren deshalb jährlich zwischen 30.000 und 50.000 €“, verrät uns Alice Caruso, die Saalleiterin des 2-Sterne-Restaurants Ma Langue Sourit. Eine Strikte Anzahlungspolizik wird hier allerdings nicht verfolgt, stattdessen versucht man einen Mittelweg zu finden: „Wir fragen zum Teil nach Bankabdrücken in der Höhe von 100€, setzen es aber nicht konsequent um. In der aktuellen Krise schreckt das Vorgehen ab. Außerdem lässt es Gäste sich nicht respektiert fühlen, was das allgemeine Vertrauen untergraben kann. Bei Stammkunden, kurzfristigen oder kleineren Tischreservierungen fragen wir deshalb keinen Bankabdruck. Bei größeren Tischen und Gästen aus dem Ausland müssen wir aber darauf bestehen“, erklärt Alice. Gerne macht man das natürlich nicht, aber das Restaurant muss sich absichern: „Wir haben keine Wahl. Aber sehen Sie, wenn Sie ein Hotel im Ausland buchen, müssen Sie auch einen Deposit hinterlegen. Bei uns ist es im Grunde das Gleiche“.
Ein bleibender Trend…
Es ist damit zu rechnen, dass Anzahlungen zumindest im Fine-Dining-Sektor zur Normalität werden könnten. Als Kunde hat man dabei an sich wenig zu befürchten. Es ist ganz einfach: Wer sich an die Spielregeln hält und seinen Tisch wie geplant beansprucht, wird keinen Unterschied merken…
…außer vielleicht eine erleichterte Zahlung am Ende des Besuchs, da die Anzahlung natürlich von der Rechnung abgeht. Letztlich könnte dieser Trend zu einer respektvolleren Reservierungskultur führen, bei der Gäste eine größere Wertschätzung für die Dienstleister aufbringen und die Gastronomiebetriebe ihre Ressourcen effizienter nutzen können.
Wussten Sie schon?
Rechtlich gesehen bindet eine Reservierung Gast und Gastwirt vorvertraglich. Scheitert der Vertragsabschluss, kann theoretisch ein Schadensersatz für vorbereitende Aufwendungen gefordert werden. Juristen sprechen in diesem Fall von „culpa in contrahendo“.