Ob herzhaft oder süß, warm oder kalt: Quinoa hat in den letzten Jahren die Teller der Welt erobert. Lesen Sie, welche Talente die vielseitigen Körnchen bündeln und wie sie einen Fondsmanager dazu bewogen, ein Fairtrade-Unternehmen zu gründen.
„Quinoa könnte helfen, den Hunger auf der Welt zu bekämpfen.“ Davon ist James Livingstone-Wallace überzeugt. Der Firmengründer des Fairtrade-Unternehmens Quinola bringt seit 2012 das Inka-Korn aus den Anden auf den europäischen Markt. Von dem Produkt ist er heute noch genauso fasziniert wie damals vor zehn Jahren, als er es bei einer Reise durch Südamerika erstmalig auf dem Teller hatte. Zwanzig Jahre lang hatte der Ire im Finanzsektor gearbeitet, dann kam die Bankenkrise und er verlor seinen Job. Für ihn kein Grund zum Verzweifeln, sondern der Anlass, sich neue Horizonte zu erschließen. „Ich hatte genug davon, reiche Leute immer nur noch reicher zu machen“, erzählt der ehemalige Fondsmanager. Die Idee von einem Fairtrade-Unternehmen entstand: „Ich wollte etwas wirklich Sinnvolles tun. Armen Leuten eine sichere, wirtschaftliche Perspektive verschaffen durch ihre eigene Arbeit.“

Eine Antwort auf den Klimawandel?
Zugute kam Livingstone-Wallace, dass die Vereinten Nationen 2013 das internationale Jahr der Quinoa ausriefen „” und das bis dahin verkannte Andenkorn ins Bewusstsein der ganzen Welt rückten. „Erst drei Mal in ihrer langjährigen Geschichte haben die UN eine Pflanze gekürt, neben Quinoa waren das der Reis und die Kartoffel“, erläutert der Fairtrade-Unternehmer. Warum aber haben die senfkorngroßen Samen sogar die politische Bühne erobert? Die Quinoa-Pflanze ist äußerst anpassungsfähig: Sie wächst bei Temperaturen zwischen -8 und 38 °C und in Höhen vom Meeresspiegel bis auf über 4.000 Meter. Sie muss nicht gegossen und kaum gedüngt werden. Und sie liefert lebenswichtige Nährstoffe. „Das Inka-Korn könnte also die Antwort auf klimawandelbedingte Ernährungskrisen sein“, resümiert Livingstone-Wallace. Auch die CO2-Bilanz kann sich sehen lassen: „Bei der Produktion von Quinoa entsteht nur ein Sechstel der Menge an Treibhausgasen wie zum Beispiel bei Reis.“
Verborgener Schatz
Quinoa wird schon seit 6.000 Jahren in den Anden angebaut. Auf den kargen Gebirgsböden wuchs kein Getreide. Dementsprechend verehrten die Ureinwohner das Gewächs als Wunderpflanze, die ihnen das Überleben sicherte. Das änderte sich mit den spanischen Eroberern. Sie taten den sogenannten Inkaweizen als billiges Arme-Leute-Essen ab und verboten teilweise sogar den Anbau. Kein Wunder, dass das getreideähnliche Gewächs in der westlichen Welt bis vor wenigen Jahrzehnten nahezu unbekannt war.
Der Quinoa-Boom der letzten Jahre hat aber vor allem einen Grund: die sensationellen Inhaltsstoffe der „Mutter allen Getreides“, wie sie die Inkas nennen. Das Superfood punktet mit reichlich Eisen, Folsäure, Magnesium, Zink und Mangan. Außerdem steckt es voller Vitamine und komplexer Kohlenhydrate. Letztere muss der Körper erst aufspalten und verwertet sie langsam und kontinuierlich. Das Sättigungsgefühl hält lange an — anders als bei einfachen Kohlenhydraten, wie sie in Weißmehlprodukten oder Süßigkeiten enthalten sind. Sie verursachen die berüchtigten Heißhunger-Attacken.
Wer Probleme mit der Verdauung hat, sollte das Korn aus den Anden ebenfalls öfters auf seinen Speiseplan setzen. Die zahlreich enthaltenen Ballaststoffe dienen den gesunden Darmbakterien als Nahrungsquelle. Und die gute Nachrichten für Vegetarier/Veganer und alle, die ihren Fleischkonsum reduzieren möchten: Quinoa kann mühelos mit tierischen Eiweißlieferanten mithalten. Neben Soja ist es die einzige Pflanze, die den Körper wie Fleisch mit allen essenziellen Aminosäuren versorgt.

Pseudogetreide ohne Gluten
Äußerlich erinnern die hirsegroßen Körnchen an Getreide. Allerdings gehört Quinoa zu den Gänsefußgewächsen, zu denen auch Mangold, Spinat oder Rote Bete zählen. Das bedeutet, dass sie anders als die klassischen Getreidevarianten kein Gluten enthält. Die Körner aus den Anden gibt es in verschiedenen Farben. Am häufigsten ist weiße Quinoa in den Läden anzutreffen. Sie hat einen mild-nussigen Geschmack und kann damit sowohl herzhafte als auch süße Speisen bereichern. Rote Quinoa behält beim Kochen gut ihre Konsistenz und ist somit eine optimale Basis für Salate oder Bowls. Schwarze Quinoa hat einen leicht erdigen Geschmack und fügt sich daher gut in deftige Gerichte ein. Sowohl schwarze wie auch rote Sorten haben eine etwas längere Garzeit als die weißen.
Waschen ist Pflicht!
Quinoa-Samen sollten nur geschält im Kochtopf landen. Denn in der Schale sitzen Bitterstoffe, sogenannte Saponine, die die Pflanze auf natürliche Art vor Schädlingen schützen. Die Körnchen liegen hierzulande in der Regel zwar nur geschält in den Ladenregalen, dennoch sollte man sie gründlich abspülen — bis das Wasser klar und bläschenfrei bleibt. Die Zubereitung ist simpel: einfach einen Teil Quinoa mit mindestens zwei Teilen gesalzenem Wasser oder Brühe etwa 15 Minuten köcheln lassen. Überschüssiges Wasser abgießen — fertig! Quinoa ist eine klasse Beilage zu Fleisch, Fisch, Gemüse oder Currys. In allen Rezepten lässt sich Reis problemlos gegen Quinoa austauschen. Als Hauptdarsteller tritt Quinoa gerne in Salaten auf, als Einlage reichert sie Suppen mit Nährwert an. Wer es lieber süß mag, wird von Gerichten wie Quinoa-Kokos-Pudding mit Mango oder Quinoa-Auflauf mit Kirschen begeistert sein. Das Inka-Getreide hat mittlerweile sogar den Frühstückstisch erobert. Quinoaflocken oder gepuffte Quinoa sind eine beliebte Zutat in Müslis, Porridge oder Joghurts. Die Körnchen sind so vielseitig, dass bestimmt jeder auf den Geschmack kommt — garantiert!